Mittwoch, 17. Dezember 2014

Das Spiel mit den Kontrasten - Vincenzo de Cotiis

Ein ehemaliges Labor verwandelt der Innenarchitekt in ein lichtdurchflutete Villa
Im Wohnzimmer stehen Sofas, die De Cotiis selbst entworfen hat.
Gerahmten Platten aus verwittertem Aluminium hängen als Bilder an den Wänden
Im Esszimmer steht ein runder Tisch mit geschwungenen Metallbeinen

Mit den rauen Wänden erinnern diese Räume an den Fight Club, in dessen Keller Brad Pitt und Edward Norton sich prügelten. In dem ehemaligen Chemielabor in Wien wurde noch nie ein Boxkampf ausgetragen, dennoch ging es auch dort einige Monate lang gewalttätig zu. Umgestaltet wurde das Labor vom Mailänder Architekten, Designer und Innenarchitekten Vincenzo De Cotiis. Als erstes ließ er Wände einreißen.

Es entstand ein weites, lichtdurchflutetes Loft, in dem der 56-Jährige De Cotiss mit Kontrasten spielt und Materialien aufeinanderprallen lässt, die "mal edel, mal roh, mal wild und immer intensiv im Ausdruck sind", er erklärt.

Der Boden, die Wände und Decken aus Beton wirken elegant, aber auch kalt. Doch die Sofas im Wohnzimmer sind knuffig und aus weichen Leder (Foto 1 + 2), die schwebenden Sideboards aus warmen Holz. Gewollte Spannung.

Sofas und Sideboards hat das Multitalent selbst entworfen. Er findet Fließband-Möbel „unsexy“. Sein Studio, in dem acht Architekten und Designern für ihn arbeiten, liegt in Milano; die zwei Werkstätten in der Nähe von Parma. Dort baut er - unterstützt von einem Handwerker-Team - einen Teil der Möbel für sein Label PROGETTO DOMESTICO tatsächlich selbst. Alle Stühle, Tische und Lampen haben Seltenheitswert, von keinem gibt es mehr als 10 Exemplare.
Die Möbel im Wiener Loft wirken wie für übermorgen, entstanden aber aus Materialien von gestern – wie die gerahmten Platten aus verwittertem Aluminium, die als Bilder im Loft an den Wänden hängen. Oder die Sideboards aus gebürstetem Recyclingholz, die über die ganze Breite des Wohnzimmers angebracht sind.

Kaum ein anderer Architekt recycelt so viel wie de Cotiis. Er arbeitet mit Marmor, verwittertes Leder, Fieberglas aus Schiffswerften, Kunstharz, verwaschenes Kaschmir, oxidiertes Messing. „Ich fange immer mit dem Material an und passe die Form an. Die Form kommt an zweiter Stelle“, erzählt er.

Doch von Italien noch einmal zurück ins Wiener Loft: Unter den Sideboards sind Lampenleisten angebracht, die fast schon goldenes Licht verströmen. Auch dies ist ein inszenierter Kontrast zum Beton und zur minimalistischen Einrichtung. Und dann gibt es noch eine kleine Überraschung, für die De Cotiis immer gut ist: Mitten im Raum hängt eine zwei Meter lange Zwille, die man erst auf dem zweiten Blick als Lampe erkennt (Foto 3). Molto impressionante.


Dank an Vincenzo De Cotiis für die Fotos.
via © Vincenzo De Cotiis Architects, Max Zambelli (Fotos) 
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